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Die Ära der Kohle ist vorüber. Aber wann genau?

Ich habe meine Position geändert. Widerstand, wenn er rechtswidrig und zum Teil gewaltsam daherkommt, finde ich inakzeptabel.

Egal, wie auch immer er verkauft wird, gegen Entscheidungen, die demokratisch legitimierte Instanzen getroffen haben, darf jeder demonstrieren aber nicht gegen geltendes Recht verstoßen.

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Ich finde es schön, wenn man sich seiner Sache sicher ist. Leider sagt man dann aber auch mal Sätze wie diesen: „die Ära der Kohle ist vorüber“ oder tweetet so einen Mist wie oben. Als ob wir nicht alle längst wüssten, dass Kohle aus guten Gründen ohne Zukunft ist. Seit Langem steht doch nur noch die mit hoher Verantwortung verbundene Frage im Raum, welcher Zeitpunkt der Richtige ist und welche Maßnahmen Politik und Gesellschaft treffen können, um die Folgen für die betroffenen Regionen und ihre Einwohner zu mildern. 

Egoismen

Den Öko-Jakobinern stellt sich diese Frage nicht. Sie sehen in den Arbeitern und Angestellten von RWE Egoisten, die nur ihre Belange in trockenen Tüchern sehen wollen. Es klingt so, als ob ihre Haltung gewissenlos und  sie ohne jeden Sinn für die Interessen ihrer Kinder und Enkel vorgingen.

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Nur die so genannten Aktivisten wissen, vermitteln allen anderen das Gefühl, dass nur sie wüssten, was Irrsinn ist wie ein angemessener Umgang mit der Realität aussieht. Sie bestimmen den Inhalt einer Realität und zwar ganz locker aus dem Handgelenk heraus. Die Polizei, so schreibt Kasek in seinem Blogbeitrag, sei nicht schuld, sondern der Irrsinn von Politik und RWE. Das ist so ungeheuer populistisch, dass solche Sätze bei vielen in diesen Zeiten starkes Kopfnicken auslösen. 

Ich hoffe, wir sind uns alle im Klaren darüber, dass die Dinge nicht so einfach sind und dass alle an den Entwicklungen ihren Teil der Verantwortung tragen müssen. Waren wir nicht alle damit einverstanden, dass Merkel nach Fukushima die Energiewende verkündet und umgesetzt hat? Die berechtigte Kritik am Management spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.

Deutschland – Kernenergie – Kohle

Vielmehr war mit dem proklamierten Ausstieg aus der Kernenergie die Gewissheit verbunden, dass wir für einen Zeitraum weiter auf Kohle für die Stromgewinnung setzen müssten. Dass allein hierdurch die CO2 – Emissionen für einen längeren Zeitraum hoch bleiben würden, war die daraus abzuleitende Konsequenz. Ich finde es fast schon unfair, dass solche damals locker in Kauf genommenen Szenarien heute keine Bedeutung mehr haben dürfen.

Erstens wussten das schon alle und zweitens geht es eigentlich doch um den Termin, wann diese Ära denn vorüber ist. Wenn es nach dem Willen der so genannten Aktivisten geht, sollte das am besten jetzt, hier und heute der Fall sein.

Wenn es aber nach halbwegs verantwortungsbewussten Menschen ginge, stünde diese Antwort erst am Ende eines Abklärungsprozesses. Die Kernfrage lautet: Wann ist der 22,5%ige Braunkohleanteil an der Stromerzeugung ohne Nachteile für den Wirtschaftsstandort Deutschland (uns alle) verzichtbar. Und zwar ohne dass Strom aus Atom- oder Kohle aus dem Ausland aus was weiß ich für Quellen eingekauft werden müssen. Stattdessen wird der Eindruck erzeugt, als könnten wir das Weltklima retten, in dem wir in Deutschland sofort auf die Kohleverstromung verzichten. Nicht einmal als gutes Beispiel würde dieser Schritt wahrgenommen. Wir sehen es daran, wie wenige Länder Anstalten gemacht haben, unsere Energiewende als Beispiel für ihre eigene Politik anzunehmen.

Im Grunde ist ein Diamant auch nur ein Stück Kohle, das die nötige Ausdauer hatte.

Sprichwort

Wenn ich es richtig sehe, werden diese Vorkämpfer der Deindustrialisierung Deutschlands dafür keine Garantien abgeben. Und wenn wären sie alles andere auch unbelegbar. 

Rechthaben 

Es finde es schlimm, dass der Kampf ums Rechthaben, also um die, wie es politisch korrekt heißt, Deutungshoheit rund um die Vorgehensweise der so genannten Aktivisten, der von mächtigen Organisationen (BUND, Campact, IL) einschließlich der Grünen mitgetragen wird, an die elenden Dauerscharmützel zwischen Links und Rechts (AfD) erinnert. 

Die vorläufigen Ergebnisse der Kohlekommission klingen für die Menschen in den betroffenen Regionen nicht gerade ermutigend.  Die Medien unterstützen überwiegend die so genannten Aktivisten. So ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Kohleausstieg weitaus früher als eigentlich geplant vollzogen wird. Welche Auswirkungen das auf den Wirtschaftsstandort Deutschland noch haben wird, bleibt abzuwarten. Ich finde wir gehen zu kurzatmig, ja geradezu hysterisch, an so wichtige Themen heran. Mir wäre es lieber, wenn wir mehr auf den Rat von ExpertenInnen hören würden, ohne sie gleich wieder zu verdächtigen, Lobbyarbeit für die eine oder andere Seite zu machen.

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6 Gedanken zu „Die Ära der Kohle ist vorüber. Aber wann genau?“

  1. Es ist einfach, wir Bürger in der Kölner Bucht leben mit der Braunkohle und freuen uns für unsere Kinder, Enkelkinder, dass Sie die Chance haben auf schöne Seenlandschaft – dank den Baggern von der Braunkohle. Man gönnt uns einfach nix, diese Miesepeter von Aktivisten! Ach, ich bin diese Aktivisten so leid, so leid – aber gerne in meiner Heimat (Köln, Troisdorf) mit dem Zug fahren, Autobahnen nutzen und mit dem Flieger auf Malle fliegen – sonst aber im ökologischen Dörfern wohnen und dann uns Bürger in der „Kölner Bucht“ mit ihrer gewollten Weltherrschaft nerven!

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  2. Man kann halt nicht immer einer Meinung sein, lieber Martin. Aber wir können die Auseinandersetzung in vernünftiger Form führen. Genau das scheint leider nicht mehr möglich zu sein. Und das ist nicht die Schuld der Arbeiter von RWE.

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  3. So grundsätzlich, wie du das jetzt formulierst, unterschreibe ich das nicht! Grade ist in Brasilien ein Rechtsradikaler mit 55% Mehrheit demokratisch gewählt worden. Was der so alles vorhat…. wenn dagegen nicht nur friedlich demonstriert, sondern hier und da auch gewaltsam Widerstand geleistet wird, würde ich das nicht verurteilen.
    Was „Gewalt“ ist – auch darüber gibt es übrigens den Kampf um die Definitionsmacht (z.B. bzgl. Sitzblockaden u.a. Formen „zivilen Ungehorsams“).

    Dass eine Entscheidung „demokratische zustande gekommen“ ist, macht sie nicht in jedem Fall sakrosankt. Schau dir nur an, wie der Brexit durch regelrechte Volksverdummung zustande gekommen ist – ach, es gibt viele Beispiele, wo die Mächte des Geldes und der Presse es verstanden haben, die Bevölkerung zur Wahl von Personen und/oder Maßnahmen zu verleiten, die ihren Interessen geradezu entgegen stehen.

    Auch eigener Erfahrung: Die Wohnungsmisere (Leerstand, Spekulation, Schlangen und riesige Abstände bei der Vergabe von Wohnungen) Anfang der 80ger in Berlin hatte einen langen Vorlauf – und doch gab es erst eine Wende in der Politik (mit Rücktritt eines in Bauskandalen versumpften Senats) und die Konzentration auf das Thema, als eine Demo von ein paar hundert Hausbesetzern nach einer Räumung „den Kudamm in Schutt und Asche legte“. (Es waren nur etliche Fensterscheiben, die zu Bruch gingen…). In der Folge war klar: es muss etwas geschehen… es wurde nicht mehr geräumt, die „Berliner Linie“ wurde verkündet, alles veränderte sich, Bürgerbeteiligung wurde etabliert etc. usw.

    Ich war und bin grundsätzlich zu ängstlich und zu „vernünftig“, um selbst an derlei Aktionen teilzunehmen. Musste aber doch erkennen, dass es in verschiedenen politischen Situationen den Auftritt der Radikalen immer wieder mal braucht – nicht schön, aber wahr.

    Aber auch nicht IMMER und überall wahr. Nach dem Gerichtsurteil zum Hambacher Forst und der folgenden Debatte hat sich die Stimmung schon recht weit in Richtung „Kohleausstieg schneller“ verändert. Jetzt noch militante Aktionen zu bringen, schadet der Bewegung mehr als es nutzt!
    Und DAS ist eben auch immer die Krux mit dem Radikalen: Sie wissen nicht, wann es genug ist….

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  4. Sitzblockaden betrachte ich nicht als Gewalt. Auch nicht die Baumhäuser, Hausbesetzungen und solche Dinge. Das mögen andere schon wieder anders sehen. Aber da bin ich bei dir. Brasilien und Brexit sind gute Beispiele dafür, dass die Debatte darüber eine gewisse Weite hat.

    Ich überlege, wofür ich wohl plädiert hätte, wenn ich im 3. Reich gelebt hätte. Vermutlich hätte ich nicht den Mut gehabt, mich gegen das Regime aufzulehnen. Schätze, ich wäre ein Mitläufer gewesen. Nun sind wir heute viel weiter, und wir kennen andere MIttel des Widerstandes.

    Wir haben sie geübt über die Jahrzehnte. Schah-Besuch in Berlin, Wackersdorf, Startbahn West sind Beispiele für Möglichkeiten des Protestes und des Widerstandes. Finde ich alles gut, mutig und richtig, auch wenn ich nie dabei gewesen bin.

    Im Bezug auf die Kohle findet etwas anderes statt. Jedenfalls in meiner Wahrnehmung. Der Widerstand, der von Teilen der Kohlegegner ausgeht, ist leider von Gewalt geprägt. Die Medien berichten nicht darüber und es ist sogar mir aufgefallen, dass das nicht mit rechten Dingen zugeht. Der WDR und alle ör haben sich klar auf die Seite der Kohlegegner geschlagen.

    Es sind inzwischen Dinge passiert, die ich nicht als zivilen Widerstand betrachte. Selbst wenn ich Teile davon subtrahieren muss, weil manches übertrieben sein könnte, geht so etwas gar nicht. Wenn Menschen körperlich angegriffen und bedroht werden, weil sie für den betreffenden Konzern arbeiten, ist das schlicht ein Unding. Das hier ist ein Beispiel aus jüngster Zeit. Die Untersuchungen dazu laufen noch. (http://bit.ly/2OWGPcV)

    Generell bin ich trotz meines Alters und meines vermutlich deshalb gewachsenen Harmonie- und Ruhebedürfnisses für zivilen Ungehorsam. Das schließt Gewalt allerdings grundsätzlich aus. Und die Grenzen sind bezüglich Hambach leider längst überschritten worden.

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  5. Da gebe ich dir durchweg recht! Das verlinkte Beispiel sieht definitiv nach „konspirativer militanter Aktion“ aus, die von der großen Mehrheit der Aktiven keineswegs mitgetragen, vermutlich nicht einmal gewusst wurde.

    Blödmänner sind das! Und leider kommt sowas immer wieder mal vor – es ist ihnen scheißegal, was für eine Wirkung das in der Öffentlichkeit hat, ganz ebenso wie Angriffe auf Personen.
    Auch diese Anschläge auf Stromverteiler (ich war mal betroffen, als im Norden der ganze Bahnverkehr nicht mehr ging) finde ich verurteilenswert. Das macht nichts besser und fördert auch nicht den Kampf um die jeweiligen Ziele (wobei es denen, die sowas mache, eh vornehmlich um Action & Abenteuer geht, auch zu Lasten ihres nicht militanten Umfelds).

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