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Traditionelle Berufswünsche von Jugendlichen: Jobs aus dem 19. und 20. Jahrhundert

Die OECD kritisiert, dass Jugendliche traditionelle Berufswünsche äußern. Welche in den nächsten Jahrzehnten gefragt sind, sagt sie nicht.

Dass traditionelle Berufswünsche bei der heutigen Jugend eine favorisierte Rolle einnehmen, empfinde ich als eine gute Nachricht.

Uns fehlt ja bereits jetzt eine riesige Anzahl von IT-Spezialistinnen, Lehrerinnen, Polizistinnen und Ärztinnen!

Berufswünsche für die künftige Zeiten

Sollte man diesen Jugendlichen mit traditionellen Berufswünschen vor diesem Hintergrund etwa vorwerfen, dass sie die Zukunft im Gegensatz zu ihren Kolleginnen von „Friday for Future“, weniger schwarz sehen? Wer plant, glaubt an sich und seine Zukunft. Und genau das brauchen wir doch.

Woran orientieren sich Jugendliche, wenn sie sich ihre Gedanken darüber machen, welche Berufe sie später einmal ausüben möchten? Ich denke, sie sehen auf ihre Vorbilder in der Familie, im Freundeskreis oder ihre Ideale, die sie haben; notfalls bei Netflix, Amazon Prime und in den sozialen Netzwerken. Positive Beispiele mögen für ältere Menschen schwer zu finden sein, für junge Leute – hoffe ich – ist das auch heute noch möglich.

Demografie

Ganz unabhängig davon wissen die jungen Leute, dass wir im Zeitalter der beginnenden demografischen Veränderung leben und schon deshalb vor einem gewaltigen Fachkräftemangel stehen. Schwer zu fassen, dass es immer noch Menschen gibt, die mit Statistiken und pseudowissenschaftlichen Methoden das Gegenteil zu beweisen versuchen. Das einfachste Argument, das man in dieser Diskussion zu hören bekommt, ist, dass es in Wahrheit nur darum ginge, möglichst billige Kräfte aus dem Ausland zu rekrutieren.

Jeder, der einmal genauer hinschaut, sollte spätestens auf den 2. Blick erkennen, dass es sowas in bestimmten Jobs gibt, aber dass diese Erkenntnis für sehr viele andere überhaupt nicht zutreffend ist. Ich glaube auch nicht daran, dass mit einem viel besseren Gehalt für Pflegekräfte der Notstand in diesem Bereich behoben werden könnte. Wenn neben den Gehältern, die inzwischen so schlecht gar nicht mehr sind, auch die Arbeitsbedingungen positiv verändert wurden, könnten wir den Personalmangel trotzdem nicht wesentlich abbauen.

Von allem zu wenig

Wir hören fortwährend, dass es für viele Berufe zu wenig Nachwuchs gibt. Das gilt für Handwerker, für Fachbearbeiter aber auch für akademische Berufe.

Manche Medienbeiträge zum Thema legen nahe, dass junge Leute für ihre berufliche Zukunft traditionelle Berufe wählen und sich damit Chancen für ihre Zukunft verbauen. Ich frage mich, welche Berufe man denn konkret anstreben sollte, wenn doch auf der anderen Seite die Personalbedarfe für die neuen Berufsfelder nicht einmal halbwegs konkret sind.

Die Formulierung der OECD ist schon besonders:

Die OECD verwies darauf, dass viele der genannten Berufe „nicht nur traditionell, sondern möglicherweise schon bald nicht mehr zeitgemäß sind„. Auch im „Zeitalter sozialer Medien und künstlicher Intelligenz“ würden Jugendliche in den OECD-Ländern kaum Tätigkeiten anstreben, die mit der Digitalisierung entstanden sind. Am attraktivsten seien immer noch Jobs, die „größtenteils aus dem 19. und 20. Jahrhundert stammen“ – und schon bald gar nicht mehr existieren werden. So geht die Organisation nach eigenen Angaben davon aus, dass für 39 Prozent der genannten Berufe das Risiko besteht, in zehn bis 15 Jahren durch Automatisierung wegzufallen.

Pisa-Studie: Mädchen wollen Lehrerin werden, Jungen IT-Spezialist | ZEIT ONLINE

Hervorhebung durch mich.

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6 Gedanken zu „Traditionelle Berufswünsche von Jugendlichen: Jobs aus dem 19. und 20. Jahrhundert“

  1. Mein Jüngster hat Bäcker gelernt, eine Zusatzausbildung in Frankreich gemacht und wollte dann seinen Meister machen. Und musste vorher einsehen, dass man von dem Gehalt kaum leben kann. Bei einem Knochenjob mit blöden Arbeitszeiten.
    Inzwischen studiert er was Schickes.
    Es ist logisch, dass viele junge Leute nicht ins Handwerk gehen wollen. Denn wenn sie keinen Metallberuf ergreifen, sehen ihre Chancen einfach mau aus.
    LG
    Sabienes

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  2. Hallo Sabienes, das sind Erfahrungen, die nichts Gutes verheißen. „Handwerk hat goldenen Boden“, das war wohl mal. Schade. Vielleicht kommen wir noch zur Einsicht und Handwerkerberufe werden generell wieder besser bezahlt. Bei den Pflegeberufen dauert das auch schon sehr lange. Je mehr Druck aufgebaut wird und je weniger Leute diese Berufe ergreifen, desto wahrscheinlicher wird es, dass ein Umdenken stattfindet. Aber dieses darf sich auch nicht nur auf schöne Worte beschränken.

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  3. Berufswahl ist definitiv ein schwieriges Feld. Im nächsten Leben würde ich vermutlich Informatikerin sein.

    Was ich fast noch schlimmer finde als die Wahl tradioneller Berufe ohne Zukunft, ist das Herumgeier diese Schulabschlussgeneration mit ihrem „ach, ich weiß ja gar nicht, was ich will …“. Da könnte ich jedes Mal kotzen, wenn ich das höre

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  4. Hallo Ines, als ich meine Berufswahl getroffen habe, war ich gerade mal 14 Jahre alt. Eigentlich wusste ich gar nicht, was ich wirklich wollte (glaube ich). Ich habe das Glück gehabt, meinen Beruf während der vielen Jahrzehnte immer gern gemacht zu haben. Es gab, je nach Arbeitgeber, auch mal negative Erfahrungen. Aber mit dem Beruf selbst hatte das nix zu tun. Heute wüsste ich, was ich auf alle Fälle versuchen würde. Ich würde versuchen, Abi zu machen und zu studieren. Welchen Beruf würde ich heute wählen? Irgendwas mit Medien, glaube ich. 🙂

    Ich habe eine Lehre zum Industriekaufmann gemacht. Wer heute die Schule verlässt, macht das ja meistens so um die 18 Jahre. Da sollte man schon weiter sein als 14jährige. Insofern kann ich verstehen, dass du die Unentschiedenheit nicht so doll findest.

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  5. Hallo Sabienes, ich hatte deinen Artikel gelesen (dann auch wieder nicht). Den Hinweis auf meinen Artikel habe ich glatt überlesen. Schande über mich. Danke für die nette Erwähnung. Die Pingbacks gehen bei mir schon lange nicht mehr durch – aus Sicherheitsgründen.

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