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„Corona“ und die Stunde der Besserwisser aus aller Welt

Das Virus hat Deutschland gepackt. Aber es ist definitiv unfair, dass alle Besserwisser jetzt über unser Land herfallen.

Wie mir dieses Gemaule und Gemecker auf den Zeiger geht! Überall meckern JournalistInnen, Blogger und andere, die glauben, was sagen zu sollen, über die Beschlüsse der 16+1 Konferenz in Berlin. Auch der Föderalismus wird einmal mehr hinterfragt.

Lasst um Gottes von diesem Stakkato ab und alles ein bisschen sacken. Versucht dann – mit etwas Abstand – euren Restärger zu formulieren. Ihr macht die Menschen nur noch verrückter, als sie es jetzt schon sind. Oder macht es so, wie es im Ausland ist. Schimpft nicht über die eigene Corona-Politik, sondern über die anderer Länder.

Solche Titel mag ich echt nicht: „Das «unterschätzte Virus $»: Wie Deutschland sehenden Auges in die «Corona-Katastrophe» schlitterte„.

Und zwar vor allem dann, wenn sie in schweizerischen oder österreichischen Medien erscheinen.

Häme der Nachbarländer

Wahrscheinlich sehen die Schweizer und Österreicher es auch nicht gern, wenn gerade wir Deutsche ihnen ungebetene Kritik „rüberschieben“.

Ich hatte mir erlaubt, der NZZ einen Kommentar zum oben verlinkten Artikel dazulassen:

Mit Deutschland hart ins Gericht zu gehen, kommt in der Schweiz und wohl auch in Österreich (gell, Herr Prantner!) gut an. Es gehört quasi zum „guten Ton“. Wie viel besser haben die Österreicher und die Schweizer (ich habe den Text in der NZZ am Sonntag gelesen) es gemacht? Fehlerfreie Politik war das auch nicht. Ich sehe in der Schweiz gravierende Versäumnisse, was sich auch an den relativ höheren Todeszahlen deutlich ablesen lässt. Wirtschaft first ist auch nicht allen so einleuchtend, gell? 

Wahr ist, dass der Föderalismus in Deutschland eine wirksame Pandemiebekämpfung behindert hat. Vor allem die Eifersüchteleien der Ministerpräsident/innen trugen dazu bei. Obwohl einzusehen ist, dass lokale Bedingungen berücksichtigt sein wollen, hat u.a. die Kakofonie der vielen mit dazu beigetragen, dass die journalistischen Besserwisser viel zu stark gehört wurden. Dazu zählen auch so Kommentare wie der von Herrn Prantner, ders ja ohnehin in vielerlei Hinsicht mit Deutschland nicht so hat. Aber deshalb schreibt er ja auch für die NZZ, nicht wahr!

Mein Kommentar

Die Redaktion fand wohl, dass ich zu empfindlich war – oder so:

Es ist wahr. Die NZZ Redaktion befasst sich auch mit anderen Ländern und mit ihrem. Was aus meiner Sicht auch nötig ist. Drei Chefärzte eines Zürcher Krankenhauses klagten (ich glaube nicht zum ersten Mal) gegen den dort herrschenden Fatalismus:

Das führt von den Sorgen der Mediziner zu ihrer Wut. Der Wut darüber, mit welchem Fatalismus auf das hohe Alter der meisten Covid-19-Toten hingewiesen werde. Als wären Betagte weniger wert.

«Wir sehen, dass wirtschaftliche Existenzen zugrunde gehen», räumt Karrer ein, «das tut weh. Doch Unternehmen können sich erholen, neu aufgebaut werden. Aber die Toten holen wir nicht zurück.»

Chefs eines Zürcher Krankenhauses / Ausschnitt Artikel NZZ / Viele der betagten Opfer hätten noch ein paar gute Jahre haben können

Penetrantes Dauerlächeln der Besserwisser /innen

Gestern Abend bei „Anne Will“ fiel mir das penetrante Dauerlächeln (der Besserwisser) unangenehm auf, das sowohl Anne Will selbst als auch die andere Journalistin in dieser Runde, Kristina Dunz, bei den Erklärungsversuchen von Armin Laschet und Manuela Schwesig während der kompletten 60 Minuten tribunalmäßig vernommenen PolitikerInnen an den Tag legten. Überhaupt, dieses Dauergrinsen ob der Nöte der beiden PolitikerInnen, war so was von daneben!

Ist es das, worum es in Talkshows geht? Was für eine dusselige Frage, Horst! Nur darum gehts heute.

Scheinbar sind alle JournalistInnen auf dem Quivive. Wahrscheinlich wollen sie sich von gewissen Parteien nicht wieder vorhalten lassen, die Politik der Regierung zu unkritisch zu begleiten. Es wird jedenfalls kein gutes Haar mehr an dem gelassen, was bis vor kurzem doch noch überwiegend positiv bewertet wurde.

Ich habe das Gefühl, dass die BürgerInnen in ihrer großen Mehrheit der Arbeit des 16 plus 1 Gremiums zwar nicht mehr so uneingeschränkt positiv gegenüberstehen. Aber die Umfragen belegen, dass die Maßnahmen vielleicht als zu spät, überfällig aber eben doch gerechtfertigt angesehen werden.

Verantwortung der Besserwisser

Wenn Journalisten all so krass kritisieren, was die Verantwortlichen in der Politik tun oder vermeintlich lassen, sollten sie sich auch an die eigene Nase fassen.

Warum haben sie zum Beispiel die kommunikativen Mängel, von denen in allen möglichen Berichten immer wieder die Rede ist, nicht ausgeglichen? Sie sind es doch schließlich, die nicht nur über die technischen, sondern auch die personellen Ressourcen verfügen, um die Bevölkerung mit guten und wichtigen Informationen zu versorgen. Richtig, es gibt welche, die das auch tun. Aber erreicht haben sie offensichtlich auch nicht mehr als die Politik, der sie andererseits aber genau das vorhalten.

Stattdessen ziehen sie es vor, über die Politik, über den Föderalismus und überhaupt über alles herzufallen, was ihnen an Ungereimtheiten in den Sinn kommt. Die Corona-App und der Nida-Rümelin. Auch so’n ein Experten – Thema für sich.

Ich finde auch krass, dass selten ein Bezug zu den gewaltigen internationalen Problemen hergestellt wird. Außer vielleicht, wenn es zu beklagen gilt wie viel Reputation Deutschland im Ausland verloren hat, weil die Pandemie uns jetzt auch so richtig bei den Eiern hat.

Die größte Verantwortung für die Corona – Folgen liegt, was im Grunde auch alle wissen, bei unserer Bevölkerung. Offenbar hat sich ihre Disziplin, ihre Einstellung zum Virus so stark verändert, dass es zu dieser schlimmen Vermehrung der Infektionen mit all diesen Folgen kommen konnte.

Ich denke dabei insbesondere an die „Querdenker“- und AfD-Hochburgen Thüringen und Sachsen. Da werden Inzidenzen von 500+ gemeldet, mehr als fast irgendwo anders im Land.

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