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„Es ist der Stoff, der die Niederlande zersetzt“

Gestern wurde in der WDR-Sendung „Aktuelle Stunde“ über eine Form von Gangkriminalität berichtet, die in den Niederlanden in letzter Zeit zu einer ganzen Reihe von Morden führte. Es ist ein Milliardengeschäft mit Drogen, das überwiegend von marokkanischen Gangs gesteuert und betrieben wird.

Dass diese Art von „Geschäften“ nicht nur innerhalb der Grenzen der Niederlande stattfindet, sondern ganz Europa und die Welt mit Kriminalität und Drogen überflutet, ist logisch. Was in den Niederlanden abläuft, passt nicht zum Bild, das viele von uns von diesem schönen Land haben.

Ich empfehle die Dokumentation in der ARD Mediathek anzuschauen. Es handelt sich um dreißig erhellende Minuten. Dafür, dass sich die kriminellen Machenschaften nicht auf Drogenhandel und Morde beschränken, spricht, dass zum Beispiel auch die vielen Geldautomaten-Sprengungen hier bei uns in NRW von marokkanischen Gangs aus den Niederlanden betrieben werden. Im Beitrag der Aktuellen Stunde wird das erwähnt.

Die deutsche Debatte um die Legalisierung von Cannabis wird in keinem dieser beiden Beiträge erwähnt. Ich hatte allerdings erwartet, dass unsere hiesigen Diskussionen der Anlass für den Bericht der Aktuellen Stunde wäre.

Heute wurde ich bei „Blendle“ wieder mit dem Thema konfrontiert. Die FAZ veröffentlichte gestern einen Artikel mit dem Titel: „Vom Coffeeshop zum Drogenkrieg„. Leider befindet sich der Artikel hinter einer Bezahlschranke.

Von einer konservativen Zeitung wie der FAZ wird man keine großen Sympathien für die Legalisierungsdebatte erwarten dürfen. Aber was ich in diesem Artikel gelesen habe, zeigt, dass die Einwände von Polizisten (Herrn Wendt inklusive) nachvollziehbar werden. Die FAZ ist bemüht anhand übler Szenarien, die Zusammenhänge der Lage in den Niederlanden und den Folgen einer möglichen Legalisierung dazustellen.

So beginnt dieser Artikel. Es klingt ein wenig reaktionär:

Wonach riecht Amsterdam? Nicht nach den oft besungenen Rosen, sondern nach Cannabis. Der süßlich-ranzige Geruch wabert über den Grachten, wo sich ein Coffeeshop an den anderen reiht. Nach letzter Zählung waren es 166 Lokale, in die man nicht zum Kaffeetrinken geht, sondern um einen Joint zu rauchen oder sich ein Tütchen Haschisch zu kaufen. Viele Niederländer betrachten das als Bürgerrecht und Ausdruck ihrer Freiheit. Touristen fühlen sich davon magisch angezogen. Die Lokale vermarkten Hippie-Folklore, sie sind sichtbarer Ausdruck der liberalsten Drogenpolitik in Europa. Doch diese Idylle ist brüchig geworden.

Vom Coffeeshop zum Drogenkrieg – Frankfurter Allgemeine Zeitung – Blendle

Im Artikel kommt der niederländische Experte Pieter Tops zu Wort. Er lehrt Verwaltungswissenschaften an der örtlichen Universität und forscht an der Polizeiakademie.

Tops erwähnt, dass in seiner Nachbarschaft massenhaft Cannabis angebaut würde. Die hier erwirtschafteten Umsätze übersteige das Budget der Stadt Tilburg. Der Tenor seiner Aussage ist, dass die liberale Duldungspolitik in den Niederlanden zu der Entwicklung geführt hat, die nun eskaliert.

Wer die Gelegenheit hat (Abo oder z.B. Blendle) den Artikel der FAZ zu lesen, sollte das tun.

Ich habe bisher die Legalisierung von Cannabis in Deutschland unterstützt. Übrigens nicht zuletzt deshalb, weil ich dabei im Hinterkopf hatte, dass der bekannt Jugendrichter Andreas Müller, der sich mit dieser Art von „Delikten“ bestimmt gut auskennen dürfte, sich so stark dafür eingesetzt hat. Jetzt bin ich unsicher.

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4 Gedanken zu „„Es ist der Stoff, der die Niederlande zersetzt““

  1. Hallo Horst, das ist ein Worst-Case-Szenario, das skizziert wird. Niemand plant eine ungeregelte Legalisierung von Cannabis.

    Was FDP und Grüne wollen, ist das kanadische Modell, bei dem das Zeug in lizenzierten Geschäften verkauft wird. Dabei ist die Reinheit gegeben und, dass es nur Volljährige erhalten können. Von daher alles gut.

    Was teilweise für ein Mist behauptet wird, u.a. von Herrn Wendt, geht auf keine Kuhhaut. Denn er argumentiert gegen wirklich alle wissenschaftlichen Erkenntnisse und ignoriert, dass es ein GEREGELTER Verkauf ist. Also erst ab 18 oder 21. Da zieht das Argument, dass Kinder (!!) und Jugendliche bald schon dauerbekifft sind, natürlich nicht. Aber das weiß Herr Wendt, dass das nur ein Scheinargument ist, um die hohe Fallzahl bei der Polizei schön zu reden, die dadurch zustande kommt, dass jeder mit ein paar Gramm Gras im Gepäck wie ein Schwerverbrecher behandelt wird (und die wirklich dringenden Dinge bei der Polizei liegen bleiben).

    Ich sage nur soviel: in Kanada klappt’s auch, der Schwarzmarkt ist ausgetrocknet, es gibt keinen gepanschten Stoff mehr vom zwielichtigen Dealer und trotzdem ist nicht das ganze Land dauerbekifft (ganz in Gegenteil). Und ganz nebenbei verschafft das Kanada ordentliche Steuer-Mehreinnahmen.

    Übrigens ist es wissenschaftlich schon lange widerlegt, dass Cannabis eine Einstiegsdroge ist – da ist Alkohol nämlich der Übeltäter, der die Menschen zu den harten Drogen führt.

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  2. Du räumst alle Bedenken gegen eine Liberalisierung ab, nimmst aber eigenartigerweise nur auf Wendt und die Polizei Bezug. Was ist mit der Reportage über die Verhältnisse in den Niederlanden und mit dem FAZ – Artikel? Natürlich stimmt, dass Alkohol vermutlich wegen eindeutiger Interessen der Wirtschaft anders (besser) behandelt wird als jede andere Droge. Aber deshalb kann man nicht ernsthaft der Ansicht sein, dass unter diesen Voraussetzungen auch Cannabis als legale Droge behandelt werden könnte. Ich höre mir die Argumente beider Seiten an und bin – wie ich schrieb – nicht mehr so eindeutig für eine Legalisierung.

    Wer steuert übrigens den Markt für den geregelten Verkauf? Tut das der Staat, wird man diesen „Markt“ regulieren oder lässt man so nicht Spielräume für kriminelle Aktivitäten? In den Niederlanden schien das ja das Problem gewesen zu sein, dass der Staat sich nicht um die Quellen für den Stoff kümmert. Das obliegt „dem Markt“. Damit sind die Kriminellen ins Spiel gebracht. In Kanada gibt es die liberale Handhabung seit 2018 (erst!). Nur ein Drittel der dort konsumierten Menge wird vom Staat „gesteuert“. Der Rest ist trotzdem weiterhin dem kriminellen Treiben ausgeliefert.

    Für Minderjährige bleibt Cannabis nach den Vorgaben der Regierung weiterhin tabu. Studien warnen vor Schäden für das sich entwickelnde Gehirn. Allerdings gibt fast ein Drittel der kanadischen Teenager an, im vergangenen Vierteljahr Marihuana geraucht zu haben. Erklärtes Ziel der Regierung ist es, den Schwarzmarkt so zu beschädigen, dass Kinder letztlich kaum noch Drogendealer finden.

    Cannabis in Kanada – Was die Legalisierung gebracht hat (Archiv)

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