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Der Krieg der Temperaturen

8 Kommentare

∼ 13 Min. Lesezeit

Wenn die Temperaturen richtig hochgehen, es also so richtig heiß wird, drehen manche Menschen schneller durch. Ist das empirisch zu belegen? Nehmen wir an, es stimmt. Meine Beobachtungen bei Twitter lassen Spielraum für diese Annahme. Dies lässt in diesen Krisenzeiten nichts Gutes erahnen. Und es könnte noch schriller werden.

Zwar sagt der Meteorologe Kachelmann, dass die von Terli, ZDF – ebenfalls Meteorologe, wahrgesagten Temperaturen von bis zu 43 Grad nicht eintreten (Kachelmann drückte es bei Twitter vielleicht etwas weniger sachlich aus), aber die Schwüle und die zu erwartenden Temperaturen von um die 35 Grad werden wohl ausreichen, um manche Sicherung durchbrennen zu lassen.

▸ Ganz schön warm

Ich betrachte die Wetterereignisse im Gegensatz zu gewissen Twitter-Enthusiasten als Beweis für den Klimawandel. Es ist so lässig, wenn Klimaleugner behaupten, dass es nun mal zum Sommer gehöre, dass die Temperaturen schon mal etwas höher werden.

Sie müssen weggeschaut haben, als vor ungefähr einem Jahr das Unglück über viele Menschen im Westen unseres Landes hereinbrach. Die Aussage: „So ein Unglück gabs noch nie“ wäre ja falsch. Die letzten Flutkatastrophen an der Ahr in ähnlichen Ausmaßen gab es 1804 und 1910. Hoffen wir also, dass es ein Jahrhundertereignis war. Meine Beobachtungen von Wetterereignissen reichen nicht aus, um diese Menschen zu überzeugen. Ich erinnere mich nur nicht daran, dass ich hier bei uns im Sommer Tornados erlebt hätte. Jetzt gibt es sie und die Ereignisse in Nachbarländern und insbesondere die Brände in Südeuropa (s. Brandenburg) legen nahe, dass der Einfluss der Klimaveränderungen stattfindet. Das Austrocknen der Ackerböden vor allem in Ostdeutschland kann doch wirklich niemand übersehen.

Dass manche Aktivisten inzwischen ihre Verbundenheit mit Asphalt und Beton auf ihre ganz spezielle Weise ausdrücken, kann man kritisch sehen. Ich erkenne darin aber auch einen Akt der puren Verzweiflung und möchte dennoch hinzufügen, dass ich diese Demonstrationen für falsch und auch gefährlich halte. Sie zeigen nämlich, dass sich eine verzweifelte Minderheit in unserem Land leider radikalisiert.

▸ Internationales Problembewusstsein

Andererseits frage ich mich, welche Spielräume die Menschheit in einem Szenarium hat, das nicht einmal überall gleich bedrohlich eingeschätzt wird. Ich unterstelle zum Beispiel, dass es nicht viele Menschen in Afrika gibt, die, obwohl sie viel stärker als wir existenziell von den Klimaveränderungen bedroht sind, ein Bewusstsein dafür entwickeln, was sich global verändern muss. Wer so viel Mühe mit der Sicherheit der eigenen Existenz und der seiner Familie hat, setzt vermutlich andere Schwerpunkte als unsere in Teilen wohlstandsverwahrloste Jugend.

Andererseits gibt es die Bewegungen wie FFF, die viele Anhänger unter so genannten Erwachsenen haben. Sie zeigen ein zum Teil extremes Bewusstsein für die Bedrohungslage und sie sind zum Teil international gut vernetzt. Dennoch konzentrieren sich alle Aktivitäten im Wesentlichen auf Deutschland. Man spart nicht mit Vorwürfen gegen die Politik und gegen die Wirtschaft. Nicht zu vergessen, gegen uns Alte, die die Zukunft der jungen Generation zunichtegemacht hätten. Das hören wir Alten natürlich gern.

So mobilisiert man die Massen!

▸ Mangelnder Wille?

Wir sehen, dass die globalen Organisationen wie UN und einschlägigen NGO’s zu wenig bewegen. Jedenfalls behaupten das die Aktivisten ununterbrochen. Wenn wir uns die Fortschritte im Kampf gegen den Klimawandel ansehen, ist das auch nicht zu widerlegen. Dass es in manchen Ländern besser läuft als in anderen, hat vielleicht nicht nur mit dem mangelnden Willen DER POLITIK zu tun, sondern beispielsweise mit der Größe des jeweiligen Landes. Dass selbst in Ländern, in denen es im Vergleich gut gemacht worden ist, intern Debatten über einen mangelhaften Fortschritt gibt, ist vielleicht ein Merkmal der schwierigen Situation, in der wir uns befinden.

Wir kommen mit dem Klimaschutz nicht voran, wenn es immer nur zeitlich und regional begrenzte Fortschritte gibt. Aber was soll die (für all das verantwortliche) Politik machen, wenn sich unter anderem die geopolitische Lage (möglicherweise mit Ansage) verändert oder einfache Kosten-Nutzen-Rechnungen andere Schlüsse nahelegen?

▸ Nicht alle nach einer Pfeife

Der Widerstand, der der Führung der Grünen in diesen Zeiten entgegenschlägt, besteht nicht nur aus Menschen oder Interessengruppen, die rein monetäre Motive haben. Aus der grünen Partei heraus, entsteht ein Widerstand, der nicht einmal nur dogmatischer Natur ist. Der Vorsitzende des Heimatkreises, aus dem Robert Habeck stammt, hat sein Amt aus Protest niedergelegt. Aber nicht etwa, weil die energetische Revolution nicht gut vorankommt oder weil Habeck mit irgendwelchen Scheichs über das so dringend gebrauchte Gas verhandelt hat.

Nein, er ist zurückgetreten, weil die Menge an zusätzlichen Windrädern ein Signal gegen den Artenschutz darstellen würde. Windräder schreddern Vögel. Den Bayern passen die seit Jahren gebrauchten Stromtrassen nicht in ihr Bild vom weiß-blauen Bayernländle und wollen diese deshalb für wahnsinnig viel Geld in die Erde verbuddeln. Dennoch gibts Einsprüche und Klagen en masse. Tragischerweise von Naturschützern, die wohl den Grünen nahestehen werden. So kommen wir nicht voran!

Als ob Habeck und Baerbock nicht schon genügend politische Widersacher hätten, sie werden innerhalb der eigenen Partei angegriffen. Vor allem deshalb, weil beide sich ihrer Verantwortung in den Niederungen der Realpolitik stellen und sich nicht mit dürftigen und unglaubwürdigen Allgemeinplätzen Luft verschaffen!

▸ Twitter sollte nicht das Forum sein

Wenn man sich die Reaktionen bei Twitter reinzieht oder zum Teil auch Kommentare der großen Medien (von den Leserkommentaren darunter ganz zu schweigen), erkennt man die Zerrissenheit, aber schlimmer noch, eine Brutalität, in der die unterschiedlichen Standpunkte vorgetragen werden, dass ein friedlicher Bürger es schon mit der Angst zu tun bekommen kann.

Das Schlimmste an alldem ist, dass wir nicht wirklich beurteilen können, ob die Maßnahmen der Regierung (Ausbau der erneuerbaren Energien) einen Anteil an der globalen Lösung dieses noch immer unterschätzten Problems haben. Ich glaube nämlich längst nicht mehr alles, was uns Wissenschaftler erzählen. Meine Skepsis hat sich mit unseren leidvollen Erfahrungen während der Coronazeit entwickelt.

▸ Wissenschaftlicher Konsens?

Welche Wirkung geht davon aus, wenn ein Teil der Wissenschaft eine Behauptung aufstellt und ein anderer, die durchgeführten Maßnahmen gewissermaßen ad absurdum führt? Bei Corona war das so. Zuletzt sollten die Gaseinfuhren aus Russland eingestellt werden, damit Putins Krieg schneller endet. Wissenschaftler hatten berechnet, dass ein sofortiges Gasembargo ohne größere wirtschaftliche Folgen sofort erfolgen könne. Das war vor wenigen Monaten. Heute leben wir in einer anderen Welt.

Wo haben sich die Wissenschaftler und Politiker versteckt, die uns weismachen wollten, dass der komplette Verzicht auf russisches Gas ohne größere Verwerfungen stattfinden könne? Herr Röttgen, einer der lautesten Embargo-Befürworter, sagt beispielsweise bei Twitter dazu:

Das ist doofes Oppositionspolitiker-Gebrabbel. Wenn er fair wäre, was Röttgen nie war, müsste er einräumen, dass das Fiasko, das nun zu befürchten steht, schon viel früher eingetreten wäre, wäre die Regierung seinen Empfehlungen vom März dieses Jahres gefolgt.

▸ Röttgen und „sein“ Gasembargo

Mit „Hebel“ meint Röttgen die vage Annahme, dass Putins Kassen nicht weiter gefüllt worden wären, hätten wir das Embargo wirklich zu diesem Zeitpunkt verhängt. Genauer drückt sich ein Politiker wie er leider nie aus. Röttgen schwafelt auf dem gleichen Niveau wie sein CSU – Kollege Dobrindt:

▸ Deutsche Führungskräfte

Merkel war wohl gut beraten, als sie Röttgen damals den Stuhl vor die Tür setzte. Und was Dobrindt als Verkehrsminister „geleistet“ hat, bedarf hier keiner weiteren Kommentierung. Ich sage nur PKW-Maut.

CSU-Dobrindt verdanken wir Begriffe wie „Anti-Abschiebe-Industrie“ und auch dieses:

Während des VW-Abgasskandals griff Dobrindt persönlich ein, um eine Musterfeststellungsklage für Verbraucher zu blockieren. In einem Papier für den Rechtsausschuss des Bundestages, welches zwischen Justiz-, Finanz-, Umwelt- und Verkehrsministerium schon weitgehend abgestimmt war, strich er im Dezember 2015 den Passus zur deutschen Variante der Sammelklage ersatzlos. Damit machte er eine Sammelklage gegen VW in Deutschland unmöglich

Quelle

Wir werden die Klimaerwärmung nicht stoppen.

Die geringen Fortschritte sind nicht nur darauf zurückzuführen, dass es zu viele Politiker gibt, die immer noch nicht konsequent im Sinne einer Natur handeln, die unser Leben auf der Erde überhaupt ermöglicht, sondern im Interesse der Mächtigen.

Wohl kaum. Bei einer derart gewachsenen Welt-Bevölkerung geht es natürlich darum, ein menschenwürdiges (sic?) Auskommen zu sichern. Ob das mit so unklar definierten Vorstellungen von Umweltschützern zusammengeht?

800 Millionen Menschen hungern weltweit. Die vielen Konflikte auf dieser Welt sind ein Grund dafür, ein anderer sind die Klimaveränderungen. Weltweit befinden sich fast 90 Mio. Menschen auf der Flucht.

▸ Riesige Kosten

Wer trotz der Abstumpfung, die uns alle angesichts des Unglücks auf der Welt beschleichen könnte, auf die Ausstattung der riesigen Flüchtlingslager auf dieser Erde schaut, müsste Notwendigkeiten erkennen und dafür kämpfen. Stattdessen aber ist es den Staaten möglich, ihre Zuwendungen für den UNHCR immer weiter zu reduzieren. Im letzten Jahr hat Deutschland den UNHCR mit fast einer halben Milliarde Dollar unterstützt. Der immer noch mit großem Abstand größte Geldgeber sind die USA mit fast zwei Milliarden Dollar. Die Russen gaben 2021 zwei Millionen Dollar.

Die USA, die EU gefolgt von Deutschland sind konstant die größten Geldgeber des UNHCR über Jahre gewesen. Rechnet man die Leistungen pro Kopf um, geben Länder wie Norwegen, Schweden oder Dänemark und viele andere mehr. Im Jahr 2018 war Deutschland nach den USA der zweitgrößte Geldgeber des UNHCR.

Die G7 (Ende Juni 2022) wollen 4,5 Milliarden Dollar für den Kampf gegen den Hunger geben. Im Jahr 2017 wurde geschrieben, dass mit 4 Milliarden Dollar der Hunger in Teilen Afrikas für ca. 20 Millionen Menschen besiegt werden könnte. Als die damals am stärksten betroffene Region galt der Jemen, der von einem Bürgerkrieg geschüttelt war.

▸ Hunger und Klima

In diesem Jahr war Afghanistan das Land, das dringend Hilfe gegen den Hunger benötigt hat. Ein Betrag von 4,5 Milliarden wurde genannt. Das war der größte humanitäre Spendenaufruf, den die UN für ein Land je machte. Nach UN-Angaben waren 4,7 Millionen von Unterernährung betroffen, davon 3,9 Millionen Kinder. Die bedrückenden Szenarien in Afghanistan stehen nach dem Rückzug der Alliierten im Fokus. Der Militäreinsatz hat Milliarden an Kosten verursacht. Afghanistan ist ein furchtbar armes Land, dessen Bevölkerung während der Besatzungszeit auch unter Hunger gelitten hatte. Jetzt schaut kaum noch jemand dorthin.

20 % des Gesamtbedarfs der UN an finanziellen Hilfen werden durch die vereinbarten Leistungen gedeckt (es handelte sich damals um drei Milliarden Dollar). Nötig waren damals 15 Milliarden. Die restlichen 80 % muss die UN Jahr für Jahr von den 193 Mitgliedsstaaten buchstäblich erbetteln.

Auch der Kampf gegen den Hunger ist letztlich eine Frage der Prioritäten. Ebenso natürlich wie der Kampf gegen die Klimaerwärmung. Wiegt man die Szenarien und zur Verfügung stehenden Beträge gegeneinander ab, so würden die meisten Menschen vermutlich dafür plädieren, zuerst einmal den 800 Millionen Menschen zu helfen und sie nicht sich selbst überlassen.

Die Kosten beliefen sich auf 160 Milliarden Dollar, wenn man die 4 Milliarden für 20 Millionen Menschen von 2017 zugrundelegen würde. Ob in einem solchen Fall nicht auch davon auszugehen wäre, dass womöglich deutlich weniger Geld benötigt würde, liegt an meiner Milchmädchenrechnung. Schließlich gibt es auch in einem solch gigantisch und teuren Projekt Synergieeffekte in einigem Umfang. Die benötigte gigantische Geldmenge wäre demnach geringer.

Die EU-Kommission möchte auch gewaltige Geldmengen dafür einsetzen, die Klimaerwärmung aufzuhalten.

Der EU bis 2050 zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu verhelfen, erfordert massive Investitionen in saubere Energietechnologien. Um ein Emissionsreduktionsziel von 40 Prozent bis 2030 zu erreichen, sind nach Schätzungen der Europäischen Kommission 260 Milliarden Euro an zusätzlichen jährlichen Investitionen notwendig. LINK

Klimaschutz: Europas Eine-Billion-Euro-Plan | Aktuelles | Europäisches Parlament

Das Gute ist also, dass sich Politik durchaus bewusst ist, welche Prioritäten die Menschheit hat. Jedenfalls sprechen die eingeplanten gewaltigen Geldmittel dafür.

▸ Monitoring mit nationaler Haftung auf internationaler Ebene

Was fehlt, ist ein gutes und transparentes Monitoring hinsichtlich der Umsetzung und der Fortschritte aller Detailmaßnahmen. Ein solches System muss ebenso auf internationaler und nationaler Ebene etabliert bzw. durchgesetzt werden. Dass es anders nicht funktioniert, zeigen die verschiedenen (leider gegenläufigen, aber notwendigen) Maßnahmen, die seit dem Koalitionsvertrag der Ampel notwendig geworden sind.

Ein gutes Monitoring ersetzt zwar nicht den politischen Willen und den Druck auf die Verantwortlichen. Aber die Kommunikation würde anhand eines solchen Instruments erheblich leichter und vor allem transparenter. Die Frage ist, ob sich die Nationalstaaten darauf einlassen oder ob sie es vorziehen, weiter im Ungefähren zu bleiben, bei großen Treffen Fortschritte verkünden, die einer Prüfung nicht standhalten und sich demnach hinsichtlich tatsächlicher Maßnahmen weiter bedeckt halten.

Quelle Featured-Image: HorstSchulte.com

Letztes Update:

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Horst Schulte
Herausgeber, Blogger, Autor und Hobby-Fotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 70 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt in Bedburg, nicht weit von Köln entfernt. Meine Themen sind Politik und ihre Auswirkungen auf unsere Gesellschaft und ein wenig mehr.
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8 Gedanken zu „Der Krieg der Temperaturen“

  1. Ich neige so langsam zu der Überzeugung, dass wir Menschen inzwischen dabei sind, das Ende unserer Art einzuleiten. Du schilderst ja eben gerade die wesentlichen Ursachen dafür. Ich würde mal schätzen, dass vielleicht 15 bis 25 Prozent aller Menschen weltweit ein einigermaßen klares Bewusstsein der Lage haben. Ein ziemlich großer Teil hat tatsächlich Probleme, die individuell bzw. lokal viel näher liegen (Hunger, Not, jahrelange Ernteausfälle usw.), ein weiterer Teil interessiert sich nicht dafür und auch von den 15 bis 25 Prozent hat sich ein guter Teil auf gefällige Verdrängungsmechanismen verlegt und ignoriert oder leugnet die Probleme einfach weg.

    Letztere werden in spätestens rund drei Jahren dafür sorgen, dass wir eine (Merz-) Regierung bekommen, die den Klimawandel (dann wirkungsvoll) regierungsamtlich marginalisieren wird. Das tun sie ja jetzt schon, tatkräftig von den rechten „Leitmedien“ des Springerverlags und anderen Wissenschafts- und Faktenleugnern unterstützt.

    Mir schwant da so langsam ein Bild, dass wir am Ende einer schönen Kreuzfahrt angekommen sind: Die Flaschen sind leer, die Köpfe voll, ein Gewittersturm zieht auf und die Kapelle stimmt ein letztes Lied an. Noch ist der Hafen nicht in Sicht, aber das Schiff hat schon mächtig Schlagseite. Und den Hafen haben wir so lange vernachlässigt, dass wir ihn kaum noch werden anlaufen können…

    Wäre das ein schlimmer Gedanke, wenn ich der Menschheit – zumindest in einigermaßen zivilisierter Daseinsweise – noch vielleicht 150 bis 200 Jahre gebe?

  2. Der Hochmut, den Homo Sapiens aufgrund seines hypertrophierten Gehirns pflegt, ist jedenfalls eine Illusion. Trotz allem Wissen um die großen Probleme hat das wenig Folgen für das individuelle Handeln – ein Schwachpunkt der Demokratien, denn aktionsbereite Politiker müssen fürchten, einfach abgewählt zu werden. (Den Autokratien gehts nicht besser, weil die jeweilig Herrschenden sich auch wenig fürs Allgemeinwohl interessieren).

    Die individuelle Freiheit, nach Belieben Ressourcen zu verbrauchen, ist bei vielen der oberste Wert – und insgesamt ergibt sich dann ein Bild, das uns nicht besser aussehen lässt als andere Tiere: Ausbreitung um jeden Preis, Ressourcenverbrauch bis zum Ende, Kampf gegen Konkurrenz – und dann der ökologische Rückschlag, der die jeweilige Art gewaltig reduziert.

    Zu den Temperaturen: Das war mal wieder typisch, wie gefühlt die gesamte Presse über 42 Grad in DE an die Wand gemalt hat! Dabei war das nur eines von mehreren Wettermodellen…. aber Panikmache ist halt so lukrativ!

  3. Noch mal zu einem Themenaspekt, den du im Beitrag aufgreifst (und auch schon öfter in früheren Beiträgen):

    Twitter!

    Ich wünschte mir eine ganz große „konzertierte Aktion“, die dazu führt, dass die gesamte Politik und möglichst ganz viele Prominente sich von Twitter verabschieden mit der Feststellung, dass es keine Plattform für den Austausch wichtiger Informationen ist und genausowenig eine geeignete Plattform für fruchtbare (sinnbehaftete) Diskussionen.

    Ich sehe das inzwischen auch so, dass diese sogenannten „Sozialen Medien“ ursächlich sind für all die täglichen absurden Eskalationen zu jedem erdenklichen Thema.

    Es ist etwas grundfalsch an dem Prinzip, dass man mit nahezu jeglichem Plattform-Müll dank der Werbefinanzierung Millionen und Milliarden scheffeln kann.

    Den Betreibern ist es nachvollziehbarerweise völlig egal, was auf ihren und durch ihre Plattformen geschieht bis hin zu Mord und Totschlag, was einzig zählt ist die Kohle, die man mit dem Geschäftsmodell einfahren kann.

    Inzwischen sehe ich es so, dass diese Geschäftsmodelle grundsätzlich unterbunden gehören, sie nutzen einer winzigen Handvoll Individuen und richten im gesamten Rest der Gesellschaften riesigen Schaden an.

    Was spricht eigentlich gegen Geschäftsmodelle, wo die Nutzer mit Mitglieds-Beiträgen die Plattform finanzieren?

    Ok, ich weiß, mit einem solchen Modell wäre Stuss wie Twitter oder noch viel größerer Stuss wie „Tiktok“ nicht möglich. Aber die Welt wäre ohne diesen Stuss ein viel besserer Ort…

  4. @Boris, egal mit wem man redet, der Menge an schlechten Nachrichten weicht keiner aus. Auch wenn es nicht ausgesprochen wird, die Sorgen und Nöte nehmen weiter zu. Wir sind Leuten ausgeliefert, denen wir kaum Vertrauen entgegenbringen. Für Politik und Medien gilt das insbesondere. Broder hat bei der NZZ ein ganz abscheuliches Interview gegeben. Ich schrieb darüber. Inzwischen habe ich es via Blendle gelesen. Ich konnte nicht widerstehen. Es gibt zu viele Menschen, die nichts anderes mehr im Kopf haben, als dieses Land, seine Gesellschaft und seine Politiker mies zu machen. Läuft noch irgendetwas richtig bei uns oder stellt sich das Gefühl auch deshalb ein, weil es so verflixt viele Leute in Deutschland gibt, die – wie Broder – nur die Probleme und Fehler sehen (aus welchen Gründen auch immer)? Broder sieht Deutsche als unheilbares, vor allem antisemitisches und unehrliches Volk, das so gut wie für alles zu dumm ist.

    Zum Schluss fragt der Interviewer (übrigens früher Assistent von Springerchef Döpfner!)

    Wie wird man in Deutschland nicht verrückt?

    Indem Sie weggehen und sich irgendwo niederlassen, wo es kein Internet gibt. Das ist die einzige Möglichkeit. Ich werde hier langsam verrückt. Jeden Abend, wenn ich «Tagesschau» geguckt habe, muss ich danach ein längeres Gespräch mit meinem Hund führen.

    Hoffentlich geht er bald – für immer. Solche Leute stacheln hauptsächlich die an, deren Ziel die Zerstörung dieses Staates ist (AfD and Friends). Er macht mehr kaputt mit seiner boshaften und destruktiven Dauerfehde gegen Deutsche.

  5. @Claudia,

    in der Tat, die Demokratie ist in dieser Hinsicht nicht die günstigste Voraussetzung. Ich habe die Spiegel-Kolumne von Stöcker gelesen. Wie toll das doch alles in China läuft… Was machen die, wenn die Atomkraftwerke nicht mehr nötig sind? Werden die dann darauf verzichten und wie würde ein Rückbau dort wohl aussehen? Es ist gut, wenn dort der ökologische Umbau so toll vorangeht. Aber woran liegt es denn, wenn wir hier nicht in die Hufe kommen? Doch nicht allein an den Politikern, wie Stöcker auch gern suggeriert. Solange Autokraten wie Orban es fertig bekommen, die Medien unter Kontrolle zu halten (Polen) ist die Wiederwahl sicher. Unsere Journalisten zerreden alles. Die machen es sich zur Lebensaufgabe, unser Land zur Sau zu machen. Unsere Demokratie hat es schwer. Sie ist, wie andere, einer gigantischen Zahl von Egomanen und Individualisten ausgeliefert, die nicht nur alles besser wissen, sondern die auch dazu neigen, für nichts, was sie sagen, verantwortlich zu sein.

    Es wären Menschen an der Spitze unseres Landes nötig, denen eine Mehrheit Vertrauen entgegenbringt. Leider gibt es diese weder innerhalb der Politik noch in anderen gesellschaftlichen Bereichen. Nicht einmal in der Kultur.

    Broder, dieser …., spricht in seinem NZZ-Interview davon, dass die Leitung der Documenta die Kuration der Ausstellung bewusst in Hände von Leuten gegeben habe, deren zum Teil antisemitische Gesinnung bekannt war. Er behauptet, dass in diesem Fall der Antisemitismus gewissermaßen outgesourct wurde.

    Wortlaut im Interview:

    Wird der Antisemitismus bewusst delegiert? Sollen andere sagen, was Deutsche nicht sagen dürfen? Blendle

    Mit solchen Anschuldigungen komme ich immer weniger klar. Andererseits weiß ich, dass Antisemitismus ein Thema in unserem Land ist (20 %…, du kennst diese Studien). Aber es gibt eben auch andere Gründe.

    Dass ich auf solche Dinge „abfahre“ liegt natürlich an mir. Andere werden so was gelassener sehen – hoffe ich jedenfalls. Aber alles kommt zusammen und macht einen echt kirre.

  6. @Boris,

    meine Hoffnung wäre gewesen, Musk hätte Twitter wirklich gekauft und seine Vorstellung von freier Meinungsäußerung durchgesetzt. Dann hätten vielleicht wirklich viele die Plattform verlassen.

    Ich höre, bei Facebook soll es ja ziemlich bergab gehen. Also könnte das irgendwann auch mit Twitter passieren. Aber sicher kann man nicht sein. Die Leute wollen Gift und Galle. So ist das heute. Und diese Erfahrungen werden dann von manchen als Bestandteile echter Demokratie verkauft.

    Mir wäre es lieb, wenn die asozialen Netzwerke aus der Internet-Welt verschwinden würden. Wir brauchen definitiv etwas anderes als dieses Dreckszeug.

  7. Zu Broder fällt mir nur ein: Es tut mir sehr leid um den armen Hund, der diese täglichen Nach-Tagesschaugespräche ertragen muss. (Man sollte das dem Tierschutz melden…)

    Aber dass der Hund sein Herrchen noch nicht angegriffen hat, zeugt davon, dass er den Quatsch durchschaut, den er sich jeden Abend anhören muss. Er wird sich fragen, warum eigentlich sein Herrchen die Kacke, die dieser in den „Hundegesprächen“ absondert, nicht auch in schwarzen Plastiktütchen entsorgen muss.

    Und, by the way, ich glaube tatsächlich, dass Broder nicht allzuviel mehr Reichweite erzielt als bis zu seinem Hund. Ich denke, diese Meinungsblasen werden aufgrund ihrer scheinbar hohen Followerzahlen gehörig überschätzt.

  8. Ja, eine tägliche Liveansprache von Broder… Manche Tiere haben es bei Ihren Leuten schwerer als im Tierheim.

    Die Begeisterung, die bei den Broder-Fans für ihn stets mitschwingt, macht nachdenklich. Dass es so viele Menschen gibt, die auf puren Zynismus stehen und darüber hinaus ihr Land so hassen.

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