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Auch China fertigt Halbleiter, Herr Habeck

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Schon wieder argumentiert ein deutscher Politiker (wie bei den Diskussionen über das Terminal im Hamburger Hafen) mit falschen Begriffen. Jetzt geht es um Halbleiter. Bundeswirtschaftsminister Habeck behauptet, die Dortmund Chip-Firma sei Bestandteil unserer kritischen Infrastruktur.

Was sind Kritische Infrastrukturen und warum sind sie so wichtig?

Zuerst hieß es aus Regierungskreisen, dass der Verkauf unbedenklich sei, da die Technologie von Elmos veraltet wäre. Und da kommt Habeck mit einer neuen, völlig anderen Einschätzung um die Ecke. Plötzlich ist das Unternehmen, weil es irgendwelche Halbleiter herstellt, Bestand unserer deutschen kritischen Infrastruktur.

Dabei gibt keinen Technologietransfer, der zu befürchten wäre. Der Erkenntnisgewinn für die Chinesen hielte sich im Rahmen.

Neue Regeln für die Beziehungen zu China, nicht nur für Halbleiter

Unserer Öffentlichkeit wird vorgegaukelt – so die naive Absicht -, die Regierung sei dabei, die Beziehungen zu China nach dem Desaster der Energiepolitik mit Russland, im Sinne Deutschlands neu zu regeln. Ich fürchte, die Regierung glaubt wirklich, dass solche Geschichten verfangen.

Der Schwanz wedelt gewissermaßen mit dem Schwanz. Ob das politisch irgendeinen Sinn macht? Ich hätte gewaltige Zweifel anzumelden.

Stelle die Süddeutsche die richtigen Fragen?

Die Süddeutsche stellt im längst für deutsche Medien gewohnten süffisantem Ton fest, dass die Welt sich fragt: „Lernen es die Deutschen denn nie„? Einmal Nord Stream 1 + 2 muss genügen, nicht wahr?

So dumme Fehler wie im Fall Russlands, die aus rein kapitalistischem Kalkül passierten, dürfen sich doch auf gar keinen Fall bei China wiederholen, nicht wahr?!

China ist unser wichtigster Importeur. Beim Export liegt China an zweiter Position. Im Jahr 2021 war China unser wichtigster Handelspartner – bereits zum sechsten Mal in Folge. Die wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland sind im Vergleich zu China von erheblich geringerer Bedeutung. Das gilt sowohl für den Im- als auch für den Export.

Ich frage, ob der Schaden nicht längst hoch genug ist, um diese moralischen Spielchen in der Art und Weise weiterzuspielen? So ähnlich, wenn auch nicht so weitreichend, muss der öffentliche Druck auf Merkel gewesen sein, als der Atomausstieg übers Knie gebrochen wurde.

Geopolitische Veränderungen zulasten Deutschlands

Das mag alles gut klingen, jedenfalls in den Ohren derjenigen, die sich durch die von unseren Medien hochgejazzten geopolitischen Veränderungen wie Angsthasen verhalten und sich am liebsten den sofortigen Abbruch aller Beziehungen zu China wünschen.

Dass China inzwischen unser zweitgrößter Handelspartner ist, ficht manche kaum an, jedenfalls verhalten sie sich anders.

Halbleiter werden in vielen Ländern gefertigt – auch in China

Nun muss man nur mal nachsehen, welche Art von Chips das fragliche Unternehmen herstellt, um seine Argumente als das zu erkennen, was sie sind.

Elmos entwickelt, produziert und vertreibt Halbleiter vornehmlich für den Einsatz im Auto. Das Unternehmen mit Sitz in Dortmund zählt zu den kleineren Akteuren im Halbleiter-Geschäft. Im Dezember 2021 hatte es mitgeteilt, seine Wafer-Fertigung in Dortmund für 85 Millionen Euro an die schwedische Silex verkaufen zu wollen.

Quelle NZZ

Warten wir ab. Wenn die 200 Stellen in Dortmund verloren gehen werden und noch andere Unternehmen diesem Beispiel folgen, weil Habeck und seine ganze Partei bekanntlich so gern Verbote ausspricht, bewegt sich was in die andere Richtung.

Habecks Verantwortung

Für Habeck gehört die kleine, auf Autosicherheit spezialisierte Chipfabrik, zur kritischen Infrastruktur. Mit diesem Begriff wird inflationär verfahren, obwohl diese Aussagen per definitionem in den Augen von Fachleuten kaum standhalten. Dass nun regionale Politiker (der SPD OB von Dortmund) Ärger machen, juckt die Grünen kein Stück. Schließlich verweisen sie bei jeder Gelegenheit darauf, dass sie mit ihren Warnungen vor der russischen Energieabhängigkeit richtig lagen.

Ich verstehe, dass Helmut Schmidts milder Blick auf China nicht zielführend war. Vermutlich haben die gewachsenen Beziehungen mit dazu beigetragen, dass die chinesische Führung kaum gewillt sind, Kritik an ihrem Regime hinzunehmen.

Wenn wir ehrlich sind, können wir uns doch sehr gut vorstellen, wie nach den üblichen Rituale, Gesten und Pressekonferenzen der Kanzlerin und des Kanzlers über die „Anliegen“ der deutschen Menschenrechtsverfechter geredet wurde, wenn diese Punkte denn überhaupt je ein Thema waren.

Ja, wir tun uns naturgemäß schwer, gegen autokratische Regime anzustinken. Weil wir das wissen, fühlen wir uns (unsere Demokratie) manchmal schwach. Die Berichterstattung unserer Medien helfen dabei nach Kräften. Wir brauchen die Chinesen und vermutlich werden sie uns auch brauchen.

Oder woher sollen künftig die Märkte kommen, wenn der sogenannte Westen ausfiele? Gut, der europäische Kontinent schrumpft – jedenfalls wenn wir den Migrationfluss weiterhin auf wenige Länder innerhalb der EU begrenzen. Die Geburtenraten in andere Länder und Kontinenten (Afrika und Asien) entwickeln sich in die andere Richtung.

Was also, wenn das Konzept vom Geben und Nehmen nicht aufgeht, wenn die neue Seidenstraße andere, neue Destinationen erschließt und der nicht überall auf der Welt beliebte Westen einen Markt wie China, Indien oder Nigeria, Indonesien, Pakistan, Brasilien etc.?

Alles neu, wenn es nach den Grünen geht

Schauen wir mal, wie weit Deutschland mit der neu gestarteten isolationistischen Politik (ich beziehe die Klagen unserer europäischen Nachbarn wegen deutscher Alleingänge (Russland, Energiepolitik, Klimapolitik) ausdrücklich ein. Ob sie wohl Bestandteil der proklamierten feministischen Außenpolitik ist? Ich sehe schwarz, wenn diesem Treiben kein Ende bereitet wird.

Da fragt sich nur, ob die Union mit diesen Grünen heute noch eine Koalition eingehen würde. Bald könnte sich die Frage in der Realität stellen.

Welche Koalitionen stehen angesichts der aktuellen Umfragewerte realistisch überhaupt zur Verfügung? Eigentlich keine!

Quelle Featured-Image:

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6 Gedanken zu „Auch China fertigt Halbleiter, Herr Habeck“

  1. Ich würde mir ja mal wünschen, dass sich alle moralischen Bedenkenträger zusammensetzen und eine umfassende Liste aller Länder erstellen, aus der hervorgeht, wie „böse“ jedes dieser Länder gemäß einer (noch zu definierenden) Boshaftigkeitsskala ist und welche Handels- bzw. Konsumverhältnisse jeder Einzelne (und auch jedes Unternehmen) en détail mit dem jeweiligen Land eingehen darf.

    Ich muss mich ja schon vor manchen Leuten rechtfertigen, weil ich ein Smartphone von Xiaomi besitze. Sogar zwei, und noch ein Tablet von Huawei. Ich Frevler, ich amoralischer, ich!

    Andererseits ist zu China doch ungefähr seit 1969 alles erschöpfend gesagt, was die „Gelbe Gefahr“ angeht: im „International Chinese Communist Conspiration“-Sketch von Monty Python’s Flying Circus nämlich.

    Ich würde „kritische Infrastruktur“ enger definieren, nämlich in Bezug auf wirkliche Infrastruktur und die unmittelbaren Betreiber derselben. Diese gehört allerdings überhaupt nicht irgendwohin verkauft! Eigentlich verbieten sich sogar diese unseligen PPP-Konstrukte, die fast ausschließlich politisch gut verbandelten Unternehmen risikolosen Profit mit Infrastruktur bieten bei Übernahme sämtlicher Kosten durch den Steuerzahler. Aber das ist ein anderes Thema…

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  2. Genau, dieses Spiel mit den Definitionen sollte mal gemacht werden. Mal sehen, worauf man sich dann am Ende einigen könnte.

    Mein Großneffe hat Corona, meine Großnichte Scharlach. Beide hatten hohes Fieber. Es gibt keinen fiebersenkenden Saft. Darüber wurde in der Öffentlichkeit schon oft gesprochen. Warum kümmert sich Habeck nicht mal um diese Defizite? Das halte ich für viel kritischer als die Fabrik, die „alte“ Chips baut.

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  3. Unsere Transatlantiker trinken aus jedem Plastikhalm, den Washington ihnen hinwirft. Nur diesmal macht die hiesige Wirtschaft nicht mit, denn es betrifft die großen Konzerne. Da wird dann bald im politischen Stall ausgemistet. Da wird dann der ein oder andere seine für die Rente geplante Gastprofessur in den Juneited Steht’s etwas früher antreten müssen.
    Es war schön unverantwortlich Huawei aus der hiesigen Digitalisierung auszuklammern. Den Gegenspieler gegen die amerikanische Totalspionage hätte es zwingend gebraucht (Hallo Frau Merkel, ist ihr Handy inzwischen Clean?).
    Nicht nur Zwecks Exporten sollte man schauen. Alle Dinge des Alltags sind von China bestimmt. Von der Zahnbürste über das Radio, vom Fahrrad bis zum Auto: Fast alles trägt den Stempel „Made in China“. Wir können ja Mal probieren, was da die Alternativen wâren. Nur selber können wir da genauso wenig anbieten, wie bei Betriebssystemen und Computerarchitektur. Wir wollen das auch gar nicht, denn sonst hätten wir vor über 40 Jahren die Weichen anders gestellt.
    Apropos: Russland war ein zuverlässiger Lieferant bei der Bahntechnik. Wie der Ausbau des Schienenverkehrs wohl ohne abläuft? Was wird wohl logistisch das nächste Ziel sein? Wieder von JIT auf Lagerwirtschaft mit dezentraler Produktion zurück? Auch da verfügt Deutschland über keine Ressourcen.
    Die nächsten Jahre werden spannend, zumindest für die, die sich das gute Leben noch leisten können werden.

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  4. Die Krux ist die arbeitsteilige Organisation in der Wirtschaft, allgemein auch Globalisierung genannt. Nun kann man diese Erscheinungen auch ganz anders benennen, es ändert nichts an den damit entstandenen Abhängigkeiten. Dass sich die Stärke bestimmter Länder so völlig unterschiedlich entwickelt haben, liegt wohl nicht nur an der Führung oder den politischen Systemen. Aber das wäre eine lange, komplizierte Diskussion, in der die Meinungen nur so aufeinanderprallen.

    Die Kapitalisten haben ihren Schnitt i.d.R. gemacht. Aus den „paar Verlierer“, die es ja geben sollte, wurden ein paar mehr. Ansonsten hat das BIP in vielen Ländern sich doch prächtig entwickelt und der Energieverbrauch ist dummerweise überproportional mitgewachsen. Dumm auch, dass die Unterschiede zwischen Arm und Reich so zugenommen haben. Vor der Pandemie war man auf dem Weg ein gutes Stück vorangekommen, den Hunger auf der Welt in den Griff zu bekommen. Das hat sich, auch durch den Ukraine-Krieg wieder ins Gegenteil verkehrt. Hunderte von Millionen Menschen hungern.

    In Deutschland ist fiebersenkender Saft für Kinder immer noch kaum verfügbar. Man muss auf Alternativen ausweichen. Selbst an diesem für uns alle elementaren Dingen hat unsere Politik bisher nichts geändert. Es wäre ja frevelhaft, in die freie Marktwirtschaft einzugreifen und den Pharmakonzernen zuzumuten, auf Gewinne zu verzichten, nur damit die Bevölkerung unseres Landes die Medikamente zur Verfügung hat, die benötigt werden. Es wird nicht besser, sondern immer schlimmer.

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